Allergie

Was verstehen wir unter Allergie? Eine Allergie ist eine komplexe Überreaktion des Immunsystems auf eine normalerweise harmlose Substanz wie zum Beispiel jegliche Art von Pollen, Tierhaaren und -schuppen, Schimmelpilzsporen usw.

 

Die Hauptaufgabe des Immunsystems besteht darin, den Körper vor Giften und krankmachenden Keimen zu schützen. Bei Kontakt mit solchen Bakterien oder Viren (Antigene) bildet der Körper Antikörper (Immunglobuline), die bei neuerlichem Kontakt mit dem nun bekannten Antigen sofort in großer Zahl produziert werden, um den Keim sofort unschädlich zu machen. Das ist der Grund, warum wir an Feuchtblattern = Windpocken = Schafblattern (Varicellen) in der Regel nur einmal im Leben erkranken.

Im Fall einer Allergie ist das Immunsystem «verwirrt». Der Körper startet beim Kontakt mit Substanzen, die uns eigentlich nicht schaden (z. B. Blütenpollen) eine intensive Abwehrreaktion mit Immunglobulinen. Dieser Fehlalarm kann nun im harmlosesten Fall Heuschnupfen (allergische Rhinitis), im schlimmsten Fall einen schweren, lebensbedrohlichen Asthmaanfall auslösen.

Das bedeutet: Nicht die Substanz, sondern die Reaktion des Körpers auf die Substanz macht uns zu schaffen. Um Missverständnissen vorzubeugen: Wir sprechen nur über Allergien, die durch Immunglobulin E (IgE) hervorgerufen werden («ich bin auf meinen Chef allergisch» ist möglicherweise richtig – es gibt aber keinen IgE-Nachweis dafür im Blut) und nur über Allergene, die sogenannte Soforttypallergien auslösen.

Ursachen für diese Fehl­regulation?

Was letztendlich diese Fehlreaktionen des Immunsystems verursacht, ist nach wie vor unklar. Sicher ist, dass eine Allergie nicht nur eine Ursache hat, sondern immer mehrere Faktoren in einem komplexen Geschehen zusammentreffen:

•   Gene

•   veränderte Lebensbeding­ungen

•   psychische Belastungen

Die Gene: Die Wahrscheinlichkeit, eine Allergie zu entwickeln, wird auch, aber nicht ausschließlich von unserem Erbgut bestimmt. Wie hoch das Erkrankungsrisiko ist, hängt davon ab, ob ein oder beide Elternteile Allergiker sind: bei 1 Elternteil liegt das Risiko, an einer Allergie zu erkranken, unter 50 %, bei beiden Elternteilen unter 70 %.

Die Lebensbedingungen: Hohe Umweltverschmutzung kann eine mögliche Ursache für ein gehäuftes Auftreten von Allergien sein, ebenso eine höhere Konzentration von Tabakrauch in der Umgebungsluft. So tragen Säuglinge und Kleinkinder von rauchenden Eltern ein höheres Allergie-Risiko.

Die Psyche: Seelischer Stress kann allergische Krankheitsbilder erheblich verstärken.

Nehmen die Allergien in den westlichen Ländern zu?

Bei 30-40 % der Bevölkerung der westlichen Länder kann Immunglobulin E (IgE) gegen bestimmte Allergene im Blut nachgewiesen werden (sie sind sensibilisiert), aber nicht alle erkranken an einer Allergie.

Nur bei 10-20 % zeigt sich allergischer Schnupfen (Rhinitis), bei 5-10 % Asthma bronchiale und bei nur 1-3 % der Bevölkerung eine Nahrungsmittelallergie. In großen Bevölkerungsstudien konnte nachgewiesen werden, dass die Häufigkeit der verschiedenen allergischen Symptome außerdem altersabhängig ist. So zeigen sich Nahrungsmittelallergien am häufigsten in der frühen Kindheit und nehmen dann ab. Asthma verläuft biphasisch: die 1. Phase in der späteren Kindheit bis zur Pubertät, die 2. Phase ab dem 30. Lebensjahr, während sich die Rhinitis am häufigsten im 2. oder 3. Lebensjahrzehnt zeigt (siehe Grafik). 

Es gibt somit unter den unzähligen Allergenen solche, die über vermehrtes Immunglobulin E allergische Symptome auslösen. Diese Untergruppe aller Allergene wird nun nochmals unterteilt, in solche, die

1. über die Schleimhaut der Atemwege

2. über die Haut und

3. über die Mund- Magen- und Darmschleimhaut in Kontakt mit unserem Immunsystem kommen.

Zur 1. Gruppe zählen alle Pollenarten, Hausstaubmilben, felltragende Tiere und Schimmelpilzsporen. Zur 3. Gruppe zählen die Nahrungsmittelallergene. Die Insektengifte von Bienen und Wespen gelangen über die Haut an unser Immunsystem und gehören damit zu Gruppe 2.

Sehen wir uns nur die Pollenallergene näher an, dann zeigen sich große jährliche Schwankungen, was die Anzahl und Aggressivität der einzelnen Pollenarten betrifft. Diese Schwankungen ergeben sich einerseits durch die Wetterverhältnisse – bei Regen sind die meisten Pollen auf dem Boden – andererseits wird durch vermehrte Luftverschmutzung, erhöhte Ozonwerte oder starke Gewitterentladungen die Aggressivität der Pollen verändert. In manchen Jahren hat man somit das Gefühl, alle laufen mit roten Augen und rinnenden Nasen herum – und schlussfolgern daraus, dass «die Allergien zunehmen!» Im Jahr darauf sind die Bedingungen für die Pollen komplett anders. Die Folge ist: Viel weniger Menschen leiden an allergischen Symptomen.

Die scheinbar simple Frage: «Nehmen die Allergien zu» ist nur mit dem Wissen von vielen wichtigen Zusatzinformationen zu beantworten.

In großen, die Kontinente übergreifenden Feldstudien konnte bisher keine Zunahme der Allergien nachgewiesen werden.

Wieso haben Pollenaller­giker manchmal Nahrungsmittelallergien?

Die eigentlichen Allergene sind nicht die Pollen selbst, sondern die darin enthaltenen Eiweißstoffe, die Proteine. So enthalten Birkenpollen zum Teil ähnliche Eiweißstoffe, die sich auch in Nahrungsmitteln finden. Diese Proteine sind der Grund dafür, dass ein Birkenpollenallergiker eventuell auch Beschwerden beim Verzehr von Nüssen und Äpfeln bekommt (z. B. geschwollene Lippen, Gaumenjucken). Es handelt sich also nicht um zusätzliche Allergien, sondern um Kreuzreaktionen, die dadurch entstehen, dass Pollen verschiedener Pflanzen und bestimmter Lebensmittel ähnliche Proteine enthalten.

DR. MED. MONIKA WILD, Fachärztin für Lungenkrankheiten Wien, AT

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